Nichts dazu gelernt

Die katastrophale Versorgung mit Grippeimpfstoffen in den vergangenen Monaten sollte für die Krankenkassen Anlass genug sein, inne zu halten und zu überlegen, was in Zukunft besser gemacht werden kann. Doch weit gefehlt.

Während bei kleinsten Vorkommnissen bei niedergelassenen Ärzten größte Vorwürfe erhoben werden, sind die Krankenkassen bei eigenen Themen völlig ignorant. Doch es geht um die Gesundheit der Bevölkerung: So ist die Versorgung mit Grippeimpfstoffen bei weitem nicht gesichert, denn aus der Affäre im Herbst/Frühwinter wurden keine Konsequenzen gezogen: Auch für die nächste Saison soll wieder mit Ausschreibungen gearbeitet werden und es soll nur ein Anbieter zum Zuge kommen.

Wann wird die Einsicht, dass Rabattverträge die Versorgung der Bevölkerung verschlechtern, bei den Verantwortlichen ankommen? Reichen die Milliardengewinne der Krankenkassen noch nicht? Diese Gewinne werden auf Kosten der Versicherten mit deren Geld erwirtschaftet. Die Versicherten haben Anspruch, für ihre Beiträge eine bestmögliche Versorgung zu erhalten. Und die Realität: Rationierung und Einsparung allenthalben – bei den Ärzten, bei den Medikamenten, bei den Heil- und Hilfsmitteln.
Der Engpass an Grippeimpfstoffen fällt in eine Zeit, da eine Grippewelle über Niedersachsen läuft.

Eine Befragung niedergelassener Ärzte ergab, dass 66% angaben, einen Anstieg der Grippeerkrankungen in ihren Praxen zu verzeichnen, mit deutlich schwererem Verlauf als in den Vorjahren.

Wir fordern die Politik auf, hier nicht nur Betroffenheit zu äußern, sondern endlich zu handeln. Wir dürfen nicht nachlassen, das Ende der Rabattverträge zu Lasten der Gesundheitsversorgung zu fordern.

Die katastrophale Versorgung mit Grippeimpfstoffen in den letzten Monaten sollte für die Krankenkassen Anlass genug sein, inne zu halten und zu überlegen, was man in Zukunft besser machen könnte.

Wir erinnern uns: die Krankenkassen, allen voran die AOKen, haben für diese Saison die Grippeimpfstoffe ausgeschrieben und jeweils für eine Region mit einem Anbieter einen Exklusivvertrag zur Belieferung geschlossen. In Schleswig-Holstein konnte nun Novartis nicht liefern. Die Folge: die Grippeimpfstoffe der anderen Hersteller kamen zum Einsatz und es traten deutliche Lieferengpässe auch in Niedersachsen auf (die Umfrage der ägnw ergab diesbezüglich deutliche Ergebnisse). Mittlerweile darf auch in Niedersachsen jeder Impfstoff eingesetzt werden, sofern verfügbar.

Nun sollte man meinen, dass diese Erfahrung – gepaart mit dem erlebten Desaster der Exklusivvereinbarung über Inkontinenzvorlagen – die AOK Niedersachsen zum Einhalt und Nachdenken über das eigene Handeln bewegen würde. Weit gefehlt. Während man bei kleinsten Vorkommnissen bei niedergelassenen Ärzten aufschreit und größte Vorwürfe erhebt (Stichwort Abrechnung von Toten), ist man bei eigenen Themen völlig ignorant. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn dies inner-aok-liche Prozesse betreffen würde. Hier aber geht es um die Gesundheit der Bevölkerung.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Grippeimpfstoffen ist nicht gesichert. Konsequenz: keine. Auch für die nächste Saison soll wieder mit Ausschreibungen gearbeitet werden und soll ein Anbieter zum Zuge kommen.

„Same procedure as last year?“

Wann wird die Einsicht, dass Rabattverträge die Versorgung der Bevölkerung verschlechtern, bei den Verantwortlichen ankommen. Reichen die Milliardengewinne der Krankenkassen noch nicht. Diese Gewinne werden auf Kosten der Versicherten erwirtschaftet mit deren Geld. Die Versicherten haben Anspruch, für Ihre Beiträge eine bestmögliche Versorgung zu erhalten. Und die Realität: Rationierung und Einsparung allenthalben: bei den Ärzten, bei den Medikamenten, bei den Heil- und Hilfsmitteln. Und warum: nur weil die Krankenkassen den Hals nicht voll bekommen.

Wir fordern die Politik auf, hier nicht nur Betroffenheit zu äußern, sondern endlich zu handeln. Wir werden nicht zögern, dies zum Thema in den letzten Wochen des niedersächsischen Wahlkampfes zu machen. Und wir halten auch durch bis zum Bundestagswahlkampf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: seid bereit und bringt dieses Thema an die Patienten.

Unser Ärztegenossenschaftsmitglied Dr. Hermann Munzel ist seit Jahren sehr engagiert in der Organisation von Spenden für Krankenhäuser in den verschiedensten Ländern dieser Welt.
In diesem Jahr fuhr ein Konvoi von 6 LKW-Zügen unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Bremer Bürgermeisters Hans Koschnik Material für Krankenhäuser nach Mostar.

Im nächsten Jahr sollen Krankenhäuser in Srebrenica und in Livno in Bosnien versorgt werden. Benötigt werden Medizingeräte und -instrumente, Labor- und Großkücheneinrichtungen, Verbrauchsmaterial und Wäsche. Weiterhin wird Spielzeug für Kinderheime und Schulen benötigt.

In den beiden Krankenhäusern herrschen im Inneren katastrophale Zustände. Es fehlt medizinische Ausstattung an allen Ecken und Enden.

Dr. Hermann Munzel: „Die Bilder können nicht vollständig zeigen, wie groß die Not in Livno im Nordwesten Bosniens ist. Es gibt zwar etwas Ausrüstung, es gibt Instrumente, aber alle sind alt, man kann sie nur unzureichend sterilisieren, weil der entsprechende Autoklav nicht zu reparieren ist. Auch OP-Wäsche kann nicht ausreichend desinfiziert werden, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wenn dieses Krankenhaus in der nächsten Zeit nicht umfassende Hilfe bekommt, dann droht die Schließung und damit der Wegfall der medizinischen Versorgung in einer Region von ca. 80 km Durchmesser, nicht nur mit der stationären Versorgung, sondern auch mit der ambulanten; denn im Umfeld des Krankenhauses befinden sich 4 Ambulatorien sozusagen auf dem Lande, die an das Krankenhaus angegliedert sind und deren Standard noch schlechter ausfällt als der des Krankenhauses. Alles das findet nicht irgendwo in Asien oder Afrika statt, sondern bei uns, vor der Haustür‘!“

Wir rufen alle Praxisinhaber auf, nicht mehr benötigte, aber funktionsfähige Geräte für diese gute Sache zu spenden. Auch Geldspenden sind willkommen, um das Gebäude im Inneren instandsetzen zu können.

Untenstehend sehen Sie Bilder des Krankenhauses in Livno. Unter www.bb-hilfe-de können Sie sich ein Bild über die Hilfsorganisation machen.
Sollten Sie Spenden wollen, schreiben Sie bitte eine Mail an h.munzel@bb-hilfe.de

Wir danken ganz herzlichst,
Ihre ägnw

Die Ärztegenossenschaft hat in der vergangenen Woche eine landesweite Umfrage zur Versorgungssituation mit Impfstoffen in Niederachsen gestartet.

Hintergrund waren die Ausfälle der Impfstoffe des Herstellers Novartis in den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Es wurden daraufhin Engpässe auch in Niedersachsen festgestellt, da die Firmen GSK und Ratiopharm, die in Niedersachsen exklusiv den Zuschlag für die Lieferung von Grippeimpfstoffen haben, nun auch in andere Bundesländer liefern.

Die Krankenkassen in Niedersachsen bestreiten einen Engpass und behaupten, dass alle Praxen versorgt seien.
In einer landesweit angelegten Befragung von Hausärzten und Gynäkologen sind wir dieser Frage nach gegangen. Das Ergebnis zeigt die Befürchtungen:

  • fast 47% der Praxen gaben an, dass ihnen Impfstoffe fehlen,
  • davon gaben wiederum 61 % der Praxen an, dass sie aktuell Impfstoff bestellt haben, diesen jedoch nicht erhalten
  • 23 % haben sogar die Vorbestellung bisher nicht erhalten
  • bei 21 % ist die Auslieferung der Vorbestellung auch nicht erfolgt, aber wenigstens angekündigt.

Abschließend sei erwähnt, dass es auch massive Probleme mit der Versorgung von Privatpatienten gibt.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Rabattvertragspolitik und die damit einhergehende Monopolisierung der Versorgung mit Medikamenten in die falsche Richtung führt. Mit der eingetretenen Situation wird eine neue Tür aufgestoßen: Nicht mehr nur die Therapie und die Therapiehoheit der Ärzte sondern auch die Prävention im Sinne der Gesunderhaltung der Bevölkerung wird leichtfertig zugunsten hoher Überschüsse der Kassen aufs Spiel gesetzt.

Wir fordern die Krankenkassen Niedersachsens auf, die Monopolisierung der Versorgung durch die unsägliche Rabattvertragspolitik mit einer einseitigen Versorgung einzustellen und zu einer bevölkerungsorientierten Versorgung mit Impfstoffen und Medikamenten zurückzukehren.

Die Ärzteproteste der letzten Zeit hatten zwei Komponenten: Neben der unbefriedigenden Honorierung unserer Arbeit (+0,9% seit 2008 gleicht nicht einmal die Inflationsrate eines Jahres aus) protestieren wir gegen die zunehmende Machtkonzentration der Krankenkassen, die seit der Einführung des Gesundheitsfonds nicht mehr über den Beitragssatz gegeneinander konkurrieren müssen.
Die Krankenkassen verabschieden sich zunehmend aus der Versorgungsverantwortung und entwickeln sich zu Sparkassen und Fondsmanagern.

Wir Ärzte baden jeden Tag die unsägliche Rabattvertragspolitik der Krankenkassen aus und versuchen die Therapietreue unserer Patienten gegen alle Widerstände der Kassen aufrecht zu erhalten.

Jüngstes Beispiel der Verabschiedung aus der Versorgungsrealität ist das Desaster um die Grippeimpfstoffe in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bayern.

Die Firma Novartis hat das Rabattpoker gewonnen; die Auslieferung des Impfstoffes Begripal verzögert sich. Stattdessen sollen bisher wenig erprobte Impfstoffe an unseren Patienten verimpft werden:
Der Impfstoff Fluad ist adjuvantiert. Nach Einschätzung des Robert Koch Institutes ist keineswegs hinreichend belegt, das adjuvantierte Impfstoffe zuverlässiger vor einer Influenza schützen, jedoch sind häufigere Lokalreaktionen beschrieben, die Verträglichkeit ist schlechter.

Der 2. Impfstoff (Optaflu) wird auf einer MDCK-Zelllinie (im Tierversuch hoch tumorigen) und nicht mehr auf Hühnereiern gezüchtet. Die FDA hatte schon 2005 Bedenken geäußert wegen potentieller Onkogenität der DNA aus MDCK-Zellen, die in geringen Mengen im Endprodukt verbleiben. Auch bei diesem Impfstoff ist eine schlechtere Verträglichkeit (Schmerzen an der Injektionsstelle) in den Zulassungsstudien belegt, ein Zusatznutzen konnte hingegen bisher nicht bewiesen werden (siehe z.B. Arzneimitteltelegramm 2007 38: 111- 12 und 2012 43: 81-82).

Es kann doch nicht sein, dass die Krankenkassen diese Faktenlage ignorieren, nur um ihre Rabattverträge zu sichern!
Wir Ärzte sind einmal mehr als Anwälte unserer Patienten gefragt!

Wir wehren uns gegen die zunehmende Einmischung der Krankenkassen in unsere Therapiehoheit!

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband haben im Honorarstreit letzte Nacht einen Kompromiss gefunden. Im kommenden Jahr soll es für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten bis zu 1,3 Milliarden Euro mehr geben. Es gibt ein Extrabudget für Psychotherapeuten.

Trotz der Einigung: Das kann nicht befriedigen. Führen wir uns die Ausgangssituation kurz vor Augen:
gefordert wurde ein Ausgleich der inflationsbedingten Steigerungen seit 2008; dies entsprach einer Erhöhung der Ärztehonorare von 11 %.

Mit dem erzielten Kompromiss wird eine Erhöhung von ca. 4% realisiert. Diese Erhöhung wird zum überwiegenden Teil über Leistungsmengen realisiert werden, nicht über den Leistungspreis (Punktwert). Das ist in etwa so, als würden wir nun einen Teil der Überstunden, die wir bisher umsonst erbracht haben, bezahlt bekommen. Der Leistungspreis ist weiterhin nur um ca. 0,9% für die letzten Jahre angehoben worden. Im Jahr 2011 betrug die Inflationsrate in Deutschland 2,3 %, in 2012 liegt sie bei durchschnittlich 2 Prozent in den ersten neun Monaten. Das relativiert die Einigung doch deutlich. Für „Hurra-Rufe“ ist kein Anlass. Im Gegenteil vermögen wir nicht zu erkennen, was sich an dem Köhler´schen Vorwurf
einer „Mogelpackung“ geändert haben soll.

Der bereits 2006 „betriebswirtschaftlich kalkulierte Punktwert“ lag bei 5,1 Cent. Auch davon sind wir weit entfernt. Auch die Verhandler kommen auf diese doch einmal so zentrale Bezugsgröße ärztlicher Forderungen nicht mehr zu sprechen.

Es bleibt abzuwarten, was unsere KVN nun aus den Mehrhonoraren macht und wie sich dies tatsächlich für den einzelnen Arzt auswirkt. Wer das Geschachere der einzelnen Fachgruppen in der Vertreterversammlung kennt weiß, dass auch hier für Optimismus aller Fachgruppen kein Raum ist. Die KVneu-Fraktion (Zusammenschluss von Ärztegenossenschaft, Freier Ärzteschaft und Hartmannbund in der Vertreterversammlung) wird gefordert sein, die diesbezügliche Transparenz herzustellen. Wir werden darüber berichten.

Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass wir trotz eines Wandels im Verhalten von KBV und KV hin zu einem kämpferischen Auftreten nicht auf freie Verbände verzichten können. Wir werden auch weiterhin innerhalb der Allianz der Ärzteverbände darauf hinwirken, dass der Inflationsausgleich nicht einfach vom Tisch gewischt wird.

Es bleibt dabei: das Ergebnis der Honorarauseinandersetzungen ist mager – unsere Arbeit ist noch lange nicht beendet.

Die geplanten Protestmaßnahmen am 10.10. um 10:00, Geschäftsstelle  BARMER-GEK wurde von den Organisatoren abgesagt.

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